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Analyse des Schadens


Der Bus wird vom Hotel zur Werkstatt mit einem Abschleppwagen transportiert. Wir erfahren, dass nur Automobilclubs in Bolivien abschleppen dürfen. Selbst eine Werkstatt darf nicht abschleppen, oder zumindestens nur mit Sondergenehmigung. Na der Automobilclub langt natürlich auch mehr hin als der Hinterhofmechaniker. Vielleicht arbeitet die Werkstatt auch mit dem Abschleppunternehmen zusammen. Touristen kann man ja viel erzählen.

Das Auto wird abgeladen und wir beginnen am nächsten Tag damit den Motor auszubauen. Zum Glück lassen sich die Schrauben alle öffnen. Der Motor muss nach unten abgelassen werden. Es gibt zwar eine Hebebühne, aber auf der steht das Auto vom Chef - natürlich heil. Hier lässt man seine Angestellten noch richtig kriechen. Na ja, wenigstens ist der Boden sauber :-)

Einen halben Tag später ist der Motor ausgebaut und liegt hinter dem Bus. Die Druckplatte der Kupplung ist verzogen und muss ersetzt werden. Die Kupplungsscheibe ist auch zerbröselt. So etwas hat man hier in der Werkstatt auch noch nicht gesehen.

Angeblich kommt dies aber nicht von der Motorbremsung bei der Abschleppfahrt. Na wenn der Motor einmal ausgebaut ist kann man diese beiden Teile ja sowieso auch gleich mit ersetzen. Natürlich auch hleich das Ausrücklager.

Der Motor ist von den vielen Schotterpisten komplett verdreckt. Die Wärmetauscher sind mit Steinen gefüllt. Alles, aber auch wirklich alles, wird abgebaut. Die komplette Motorverblechung, die Lichtmaschiene, die Auspuffanlage, der Gebläsekasten....Wenn ich nicht dabei gewesen wäre, hätten sie die Auspuffanlage auch noch zerlegt. Die ist allerdings so verrostet, dass man sie anschliessend nicht mehr zusammenbauen könnte. Die ausgebauten Teile werden in Benzin gewaschen. Die Mechaniker hier haben damit keine Probleme. Benzin wird wie Wischwasser verwendet, der Lappen mit den blossen Händen ausgewrungen. Ich mit meinen zarten Programmiererhänden habe da eher Berührungsängste...

Die Zylinderköpfe sind demontiert. Hier ist nun zu sehen, was da im Motor geklappert hat. Irgendein Teil ist in den ersten Zylinder gefallen und hat sich dort aufgelöst. Scheinbar fallen bei diesen VW-Motoren öfters mal Teile vom Vergaser in den Motor. Manche werden wieder durch den Auspuff herausgeblasen, andere verschmelzen mit dem Kolben. Auf jeden Fall ist das natürlich eine saubere Kundenbindung von VW - Ersatzteilabnahme garantiert :-)

Komischerweise fehlen bei uns keine Teile im Vergaser. Am Zylinderkopf sieht man auch deutlich wie sich ein Teil in das Metall eingeschnitten hat. Die Kontrolle der Zylinderköpfe zeigt eine abgebrochene Ventilführung. Allerdings an Zylinder Nummer zwei. Der ist aber sonst in Ordnung - kein eingedrungenes Teil. Vielleicht wurde bei einer Inspektion ein Teil vergessen und ist nun durch die Schotterpiste in den Motor gerutscht. Wer weiss, das werden wir so schnell nicht mehr herausbekommen.

Von dem Teil sind nur noch Spurenelemente übrig. Fingerabdrücke werden wir da auch keine mehr finden. Aber es ist deutlich zu sehen wie der Kolben sich durch das Metallteil verformt hat. Also ist klar, das Zylinder und Kolben getauscht werden müssen. Wenn man das macht, dann sollte man gleich alle 4 Zylinder und Kolben tauschen.

Und die Lager im Motor sehen auch nicht gerade sehr gut aus. Abplatzungen auf der Lageroberfläche zeugen von einer hohen Laufleistung des Motors. Wir dachten es seien nur knapp 50000 Kilometer gewesen, als wir losgefahren sind. Es scheint aber eher das Dreifache zu sein. Na die Meinungen gehen da auseinander, aber das nützt uns auch nichts. Es müssen also auch alle Lager ausgewechselt werden. Die Kurbelwelle und die Nockenwelle sind noch in Ordnung, aber sie werden hier nochmal aufpoliert.

Die Ventile von Zylinder 3 sind auch nicht mehr in Ordnung. Sie schliessen nicht mehr sauber und sind verölt. Also werden die Ventile und die Ventilsitze hier in La Paz überarbeitet. Man könnte hier sogar die Ventilführungen nachbauen lassen, aber das Material hier sei nicht so gut. Zurück bleibt ein gespaltener Motor. Die Teilesuche hier in Südamerika bleibt erfolglos. Andere Motortypen zwingen uns die Teile in Deutschland zu besorgen.

Na und dann sind auch noch die 4 Gelenke der beiden Antriebswellen auszuwechseln. Die Hinterachse bekommt zwei neue Radbremszylinder. Alle 4 Stossdämpfer und alle 4 Bremsbeläge werden auch noch gewechselt. Aber ansonsten ist der Bus noch okay :-)

Aber wenn alles wieder zusammengebaut ist, haben wir dafür praktisch einen neuen Motor. Das sollte dann vollepulle für die nächsten 100000 Kilometer reichen.


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