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Motortod im Abendrot


Die Einreise nach Bolivien dauert etwas länger als die bisherigen Grenzübergänge. Man will uns erstmal nur einen Monat Aufenthaltsgenehmigung geben. Nach längerem hin und her dann die üblichen drei Monate. Bei der Inspektion des Autos wird dann die Holzeinrichtung bemängelt. Damit dürfe man nicht einreisen. Klaro! Sonst noch was? Ich nix verstehen und habe ausserdem noch verbotenerweise Eier im Kühlschrank. Die gebe ich gerne ab. Dann müssen noch irgendwelche Strassengebühren und sonstnochwas entrichtet werden. Nächste Fahrzeuginspektion in 300 Metern. Hey die Eier haben wir schon abgegeben. Ach so! Na dann gute Fahrt.
Dann geht es vollepulle nach La Paz. 300 Kilometer durch das Altiplano. Strohgedeckte Lehmhütten säumen den Weg. Wir sehen die ersten bunt gekleideten Menschen. Zwischendurch immer wieder Mautstellen. Ständig wird versucht einem mehr abzuknöpfen. Aber es bleibt bei mehr oder weniger plumpen Versuchen. Aber die geteerten Strassen in Bolivien sind durchaus sehr gut. Wir kommen bei Einbruch der Dunkelheit nach La Paz. Ein völliges Verkehrschaos. Wir brauchen fast 3 Stunden, um durch die Stadt zu kommen.

Entkräftet finden wir ein Hotel. Die nächsten Tage sind wir alle nacheinander Krank. Fieber und Durchfall. Nach drei Nächten verlassen wir La Paz und fahren Richtung Salzsee. Nach etwa 100 Kilometern ein kurzes Rucken im BUs, dann noch 500 Meter und es ist ein lautes Rattern im Motor zu hören. Der Motor wird sofort abgestellt. Zum Glück passierte es an einem Ortsausgang, denn es wird langsam dunkel. Also schnell mal in den Ort laufen und einen Mechaniker finden. Der kommt auch gleich und hört sich das Ganze an. Ergebnis: warscheinlich die Pleullager. Wir werden in den Hof der Werkstatt geschleppt und können dort die Nacht verbringen.

Elias wird in dieser Nacht wieder Krank. Hohes Fieber, Durchfall und Erbrechen. Der Bus sieht aus, denn es gibt kein Klo in dem Hof. Wer aufs Klo will, der geht um die Ecke in ein ausgetrocknetes Flussbett. Im Schutze einer Brücke versucht man dann noch einen freien Platz zu finden und drückt ab. Und beim nächsten grossen Regen wird alles wieder sauber geschwemmt. Vielleicht in den Titicacasee - daher wohl auch der Name. Na wir werden uns wohl ausschliesslich mit abgefüllten Wasser durch Bolivien bewegen...

Der Mechaniker will den Bus nicht vor Ort reparieren. Na wir natürlich auch nicht. Er soll uns zurück nach La Paz schleppen, was er auch gerne machen will. Na, ob das gut geht? 100 Kilometer abschleppen. Und das grösste Problem dabei ist der grosse Höhenunterschied in La Paz. Die Stadt erstreckt sich zwischen 3000 und 4000 Meter Höhe. Und das ohne funktionierenden Motor. Der Mechaniker meint: kein Problem. Er müsse nur erst noch die Polizei bestechen...

Wir fahren zur Polizei. Eine kurze Verhandlung und ein paar Münzen, dann kann es losgehen. Mit 40 Stundenkilometern werden wir Richtung La Paz geschleppt. Elias ist einigermassen Stabil, dank der guten Behandlung von "Schwester" Katrin. Zwischendurch drei weitere Kontrollen bei denen weiteres Schmiergeld fliesst. Nach zwei Stunden erreichen wir den Stadtrand von La Paz. Nun geht es bergab. Wir werden vom Zugfahrzeug abgebunden. Der Abschlepper meint noch: zum Bremsen einfach den ersten Gang einlegen und Kupplung kommen lassen. Und natürlich auch die Bremse verwenden. Und wenn was schief geht hat man ja noch die Handbremse...

Wir rollen voraus. Es wird langsam dunkel. Hoffentlich reicht die Batterie noch für das Licht. Die Bremsen fangen an zu stinken. Also Motorbremse. Zwischendurch immer wieder anhalten und Wasser über die Bremsscheiben kippen. Unser Schweiss würde dafür vielleicht auch ausreichen :-)
Die Kupplungsscheibe fängt auch an erbärmlich zu stinken. Wir kennen uns in La Paz nicht aus und rollen voraus. Mittlerweile ist die Kupplung so erhitzt, dass sie verklebt. Die Motorbremse fällt damit aus, das Kupplungspedal baumelt nur noch herum. Plötzlich ist die Spur, auf der wir fahren, gesperrt. Unser Abschlepper kommt. Wir drehen den Bus per Hand um. Anschliessend werden wir in der falschen Richtung einfach gegen den fliessenden Verkehr durch die Stadt gezogen. Wir schauen uns ratlos und schwitzend an. Der Abschlepper hat keine Ahnung wo er ist. Er will jetzt sein Geld und uns einfach stehen lassen. Das lassen wir uns aber nicht bieten.
Wir werden noch eine weitere Stunde wirr durch La Paz geschleppt, geschoben und gerollt. Mehrere Polizeikontrollen überstehen wir ohne Probleme, bis wir endlich das Hotel erreichen. Insgesamt hat die Fahrt 6 Stunden gedauert. Völlig erledigt, bleich und verschwitzt fallen wir in die Betten. Nie wieder abschleppen...


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