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Das Warten hat (k)ein Ende


Eigentlich sollten die Ersatzteile ja mit Lufthansa nach La Paz eingeflogen werden. Dieser Traum ist aber geplatzt. Obwohl mein Bruder den Zoll in Deutschland vorausbezahlt hätte, hat Lufthansa sich geweigert die Teile mitzunehmen. Alternativen mussten also her. Warum nicht mit DHL? Die sind auch in La Paz vertreten. Und wer kennt nicht die tollen Plakate mit den glänzenden gelbroten Flugzeugen, den rennenden Postboten und den lachenden Paketen? Also wurden die Pakete am 20. Juni bei DHL zum Preis eines bolivianischen Einfamilienhauses abgegeben - hier baut man ja teilweise noch mit Lehm und Stroh... Man versicherte uns, dass es nicht lange dauern würde und vielleicht sogar noch schneller geht :-) Und die Pakete würden direkt ins Hotel geliefert. Und es sollte sogar möglich sein, die Pakete im Internet zu verfolgen. Zum Verfolgen (dem Tracken) der Pakete bekommt man eine eine Einlieferungsnummer. Das hörte sich toll an. Es funktionierte aber leider nicht. Beim Tracken kam nur der Hinweis "ungültige Frachtbriefnummer". Nach mehreren Telefonaten wurde mein Bruder informiert, dass die Pakete am 21. Juni definitiv Deutschland verlassen hatten. Dann war es so ähnlich wie bei Apollo 13: "Huston wir haben den Kontakt verloren...".

Wir vertrieben uns die Wartezeit mit dem Erkunden von La Paz. Frisch gepresster Orangensaft für ein paar Eurocent, gepoppter Mais in allen Formen und Farben, Fleischspiesse, Erdbeerkuchen und immer wieder Eis. In El Alto gibt es Donnerstags einen riesigen Markt auf dem man alles bekommt. Von rostigen Kugeln für Kugellager bis hin zu gebrauchten Annanasschalen :-) Wirklich alles. Schöne bunte Tragetücher - so wie sie die bolivianischen Frauen verwenden. Die mussten natürlich mit. Und einen Frosch für Elias. Und Zusatzscheinwerfer für den Bus. Und und und. Hier kann man für etwa 20 Euro den ganzen Tag schoppen gehen und kommt abends vollgepackt ins Hotel. Natürlich fährt man mit dem Minibus - etwas grösser als ein VW-Bus. Es werden 18 Leute reingepresst. Das ist warm und lustig und kostet fast gar nichts.

Zwischendurch haben wir immer wieder versucht bei DHL etwas über den Verbleib der Pakete zu erfahren. Das ist das Anstrengende beim Warten. Natürlich werden e-Mails von Eintagskunden garnicht erst beantwortet. Das könnte ja Geld kosten - interessiert in der Chefetage also nicht. Nicht einmal das man hier in Bolivien eine 10 stellige Nummer zum Tracken braucht. Die Einlieferungsnummer, die dem Kunden in Deutschland gegeben wird, ist eine 12 stellige Nummer. Tja Global Player halt :-) Nach 14 Tagen, vielen e-Mails und Taxifahrten trafen wir auf Jesus von DHL. Der Mann heisst wirklich so. Er gab uns das erste mal die konkrete Aussage, dass die Pakete nicht zu DHL in La Paz gesendet werden, sondern zum normalen Hauptpostamt. Den Mann müsst ihr befördern! Im Mutterkonzern würde ich dringend Mitarbeiterschulungen empfehlen, anstatt ständig auf die Gewinnsteigerung der Gewinnsteigerung zu schauen. Wir bedankten uns herzlich und ab ging es zum Hauptpostamt...

Tatsächlich sind hier eine Stunde vor unserem Eintreffen zwei Pakete eingetroffen. Pakete aus Deutschland kommen hier immer um 14:30 Uhr an - das steht an einer grossen Tafel in der Eingangshalle. Hier gibt es auch zig Uhren, die die Zeit in aller Welt anzeigen. Sieht vertrauenserweckend und nobel aus. Unsere Pakete müssen wir im Keller abholen. Schon nicht mehr so nobel und nur noch neonbeleuchtet. Wir holen die Pakete ab, während Elias Popkorn verteilt. Dann natürlich noch zum Zoll, ein Nebenraum durch Glasscheiben abgetrennt. Der Mann vom Zoll öffnet die Pakete. Lustlos gräbt er seine Hände tief in die Pakete. Pappschnippsel, Blasenfolie und Metallteile - Cocablätter sind nicht drin, die gibt es hier billiger :-)

"No Factura?" fragt der Zollbeamte. Wir schauen uns fragend an. Was ist nur aus Deutschland geworden? Die haben wirklich keine Factura reingelegt. Wo soll das hinführen. "Quanto vale?" fragt der Zollbeamte. Ne nix Wale "Esta es autoteile!". Der Mann vom Zoll zeigt auf ein Schild auf dem so etwas wie zollfrei bis 100 US-Dollar pro Empfänger steht. Wir versuchen es mal mit 200 US-Dollar - immerhin sind es mehr als 16 Kilogramm Ersatzteile. Der Mann vom Zoll meint nur Euro! Richtig, hätten wir fast vergessen! In Alemania wird ja immer noch mit Euro bezahlt. Der Mann vom Zoll tippt an einem Taschenrechner herum und sagt anschliessend 252 US-Dollar. Wir schauen uns fragend an. Das wären ja über 100 Prozent Einfuhrzoll. Während wir noch damit beschäftigt sind unsere Kinnlade wieder zu schliessen, schiebt uns der Zollbeamte einen Zettel zu. Auf dem Steht eine Adresse und 574 Bolivianos. Das sind gerade mal 57 Euro Zoll. Das sieht schon besser aus. Mal schauen, ob wir dem netten Beamten noch klar machen können, das darin auch das dritte, noch fehlende Paket eingeschlossen ist :-) Auf jeden Fall war uns der Zollbeamte sehr gut gesonnen. Vielleicht haben aber auch Elias Bestechungsversuche mit Popkorn geholfen...

Wir zahlen den Zoll schnell bei einer Bank ein. Dann noch mal zur Post. Den Einzahlungsbeleg abgeben. Dafür gibt es 3 Seiten Papier, 30 Stempel und zwei Pakete. Wir verabschieden und sehr freundlich und fahren die Ersatzteile gleich zur Werkstatt. Zu unserem Glück sind die Pleullager und die Ventilführungen in diesen beiden Paketen. So kann gleich damit begonnen werden die Zylinderköpfe zu überarbeiten. Die Zylinder, Kolben und die Druckplatte brauchen wir erst nächste Woche. Dann ist hoffentlich auch das dritte Paket in La Paz. Und dann geht es endlich wieder auf Tour...


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