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Von Las Lajas nach Puerto Madryn


Wir sind wieder in Argentinien, das merkt man nicht nur am Wetter, sondern auch an der kargen und wilden Landschaft. Hier an der Ostseite der Anden trifft man sie noch oft, die Gauchos, die Marlboro-Männer Südamerikas. In den Augen wilde Entschlossenheit, im Mythos totale Unabhängigkeit. Für einen Gaucho galten die Zäune in der Pampa nicht, er ignorierte seit je her die Eigentumsvorstellungen der Estanzieros. Ein Gaucho verachtet Eigentum, für ihn ist Eigentum eine unnütze Last. Er liebt glänzende Kleinigkeiten und die Freiheit in der Natur. Hatte ein Gaucho hunger, jagte er Vieh, so war es zumindestens früher, er tat es um zu überleben.

Ziegentreibende Gauchos laden uns zum Mate ein. Sattel, Steigeisen und Zaumzeug sind selbstgemacht. Die Sporen glänzen in der Sonne und im Hosenbund auf dem Rücken trägt man ein grosses Messer. "Ja, kalt sei es in der Nacht hier draussen, aber der Frühling kommt bald". Das Wasser in der schwarzen verbeulten Blechkanne kocht und wenig später kreist der Mate-Becher. Man erzählt uns dei Geschichte von Gauchito Gil, eine Art Robin Hood Argentiniens. Gil ist im Kampf gegen Paraguay desertiert, wurde aber gefasst und zum Tode verurteilt. Kurz vor der Vollstreckung des Urteils prophezeite Gil dem Henker, das er seinen Sohn abends zu Hause totsterbenskrank vorfinden werde. Wenn der Henker aber für Gauchito Gil beten werde, so werde sein Sohn wieder genesen. So geschah es dann auch...

Seit dem findet man an vielen Strassen selbstgezimmerte Schreine für den Volksheiligen Gauchito Gil. Verziert sind sie mit roten flatternden Fähnchen, die bis heute das blutgetränkte Halstuch Gils symbolisieren. Gauchito Gil gilt als Beschützer all derjenigen, die auf langen einsamen Strecken unterwegs sind. Hier opfert man vor der Reise eine Kleinigkeit, oder hupt zumindestens im Vorbeifahren.

Aber unter dem bröckelnden Glanz der Geschichte schimmert die Fassade der Wirklichkeit hervor. Die handgearbeiteten schmucken Gebrauchsgegenstände der Gauchos verblassen zunehmend neben ihren Industrieklamotten und machen den Gaucho von heute mehr und mehr zu einem Global Player auf einem von profitgierigen Industriebossen ausgebeuteten und aufgeteilten Spielfeld an dessen Weidezäunen der Ruf vom Gaucho-Mythos schnell mal kleben bleibt. Es sind die heutigen Spielregeln und der karge Lohn, durch die das Mitspielen zunehmend weniger atraktiv wird. Jedes Spiel braucht eben einen Verlierer und wer hat nicht noch diesen sinnlosen Satz aus der Kindheit im Ohr: "ein stolzer Verlierer ist der beste Gewinner"?

Wir verabschieden uns, die Sonne scheint und starker Rückenwind bläst uns Richtung Ostküste. Die nächsten Wochen geht es wieder durch Patagonien. Die Ebenen von Patagonien "können nur negativ beschrieben werden" - stellte schon Charles Darwin im Bericht seiner Weltreise von 1834 fest. "Ohne Wasser, ohne Bäume, ohne Berge tragen sie nur einige wenige zwergenhafte Pflanzen". Aber Darwin fragte sich trotzdem "Warum haben denn nur, und das ist nicht bei mir allein der Fall, diese dürren Wüsten sich so einen festen Platz in meinem Gedächtnis errungen?" Patagonien umfasst ein Gebiet mehr als doppelt so gross wie Deutschland, in dem aber weniger Menschen als in Hamburg leben. Das ist auch ein Grund warum uns dieser Landstrich uns so fasziniert.

Zweieinhalb Tage brettern wir durch diese Ebenen, fast 1000 Kilometer. Endlos lange snurgerade Asphaltbahnen, vorbei an einer HAnd voll Städte. Dazwischen Buschland mit Rindern, Schafen und Ziegen. Wie lange haben wohl die ersten Siedler für die Durchquerung gebraucht? Ohne Wege und Strassen, auf dem Pferd oder gar zu Fuss. Mittags erreichen wir Puerto Madryn. Die Stadt ist in den vergangenen zwei Jahren deutlich grösser geworden, das ist nicht zu übersehen. Und schon von der Strandpromenade sehen wir sie - die Wale...





Die folgenden Bilder können durch Anklicken vergrössert werden:

In Argentinien findet man einfach Übernachtungsplätze...
Gaucho mit seinem Pampa-Moped. Es hat sogar eine Wegfahrsperre...
Selbstgebasteltes Steigleder...
Reiten hart am Abgrund...
Diese Schotten fahren mit einem riesigen Wohnwagen durch Argentinien...
...und spielen mit Elias.
In Deutschland ist Kinderarbeit verboten, hier nicht...
Wer keine Bäume hat, pflanzt Schilder. Stichwort "Nachhaltigkeit" :-)

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