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Vom Torres del Paine zum Lago Buenos Aires


Vormittags schnell noch ein Bad im See, der erste hier in Patagonien in dem man schwimmen kann - immerhin 16 Grad. Dann geht es bei Cerro Castillio über die chilenische Grenze nach Argentinien. Ein kleiner Grenzübergang und so gehen die Formalitäten schnell. Direkt hinter der Grenze nehmen wir ein chilenisches Studentenpaar mit. Sie spricht deutsch und er spricht englisch. Sehr gut für uns - so erfahren wir mehr über Land und Leute. Die Sache mit den Zäunen und den privaten und öffentlichen Wegen sehen die beiden aber etwas anders. Eingezäuntes Gebiet ist privat und nicht zu betreten. Auf die Frage was die Menschen dann in ihrer Freizeit machen wenn alles eingezäunt ist - betretenes Schweigen!
Vielleicht gehen die Menschen hier in ihrer Freizeit in Nationalparks, zahlen dort Eintritt und dürfen sich dann auf markierten Wegen bewegen? Oder sie fahren wie wir entlang der Zäune und suchen eine Lücke in die Freiheit. Wie wird das in 10 oder 20 Jahren sein, wenn die ganze Welt verkauft ist?

Wir kommen schnell nach Calafate und verabschieden uns von den beiden. In Calafate kaufen wir schnell noch ein bevor wir weiterfahren - die Hektik des touristenüberlaufenen Ortes nervt uns schnell. Etwa 40 Kilometer weiter finden wir eine ruhige Halbinsel am türkisblauen Lago Argentino und bleiben zwei Tage. Endlich wieder argentinisches Rindfleisch zum sattessen. Gut ausgeruht geht es in den Nationalpark zum Perito Moreno Gletscher. Es gibt dort keine Campingplätze mehr. Tagestouristen sind willkommener und bringen mehr Geld. Also fahren wir abens in den Park da ist das Kassenhäuschen zu und die Ranger schlafen schon.

Der Gletscher ist gigantisch. Die Eisschicht ist 14 Kilometer lang, 3 Kilometer breit und 55 Meter hoch. Gegenüber der Abbruchkante liegen mehrere Plateaus von denen aus die Sicht auf das Eis gut ist. Etwa 2 Meter pro Tag schiebt sich das Eis in den See. Immer wieder fallen Eisstücke ab und schlagen auf das Wasser auf. Es hört sich an wie Schüsse. Mit etwas Glück sieht man wie die Eiswand direkt vor den Augen in sich zusammenbricht. Eis rauscht sekundenlang in die Tiefe, Wellen entstehen und die abgebrochenen Eisberge drehen sich noch minutenlang im Wasser. Das Ganze ist brutal realistisch. Sicher einer der Höhepunkte von Südargentinien. Wir haben noch tagelang die Bilder vor unseren Augen.

Zurück geht es wieder nach Calafate. Wir müssen Essen und vor allem Benzin bunkern. Vor uns liegen 630 Kilometer Schotterpiste durch die Pampa. Dafür ist der Tank unseres Busses nicht ausgelegt - nur 56 Liter Spritt bei 12 bis 13 Litern Verbrauch - das wird knapp...
Zusätzlich haben wir noch 35 Liter in Ersatzkanistern organisiert.

Die Strecke ist toll. Natur pur, ruhig und eine karge aber schöne Landschaft - weitläufig und riesig. Wir haben starken Rückenwind und probieren zu segeln. Motor aus, Fahrer- und Beifahrertür als Segel auf. Wir werden langsamer immer langsamer, aber wir kommen nicht zum Stillstand. Es funktioniert tatsächlich wenn die Piste nicht bergauf geht. Die Geschwindigkeit kann durch das Hoch- und Runterkurbeln der Türscheiben geregelt werden. Wir liegen hart am Wind und machen 180 Schottersteine pro Minute. Elias findet das Klasse. Er kann steuern und als Kapitän die Befehle zum Setzen und Reffen der Segel geben. Ein riesen Spass und wir sparen Spritt. Es kommt noch eine Tankstelle wo wir nochmal 17 Liter Spritt tanken.

Mit dem getankten Spritt können wir noch einen 220 Kilometer weiten Abstecher zum Perito Moreno Nationalpark wagen. Einer der ersten und ruhigsten Parks - warscheinlich weil er so weit von Asphaltstrassen entfernt ist. Im Umkreis von 2000 Quadratkilometern heisst übrigens alles Perito Moreno. Perito ist ein Titel und bedeutet Fachmann. Es gibt also den Fachmann Moreno Gletscher, den Fachmann Moreno Park, die Stadt Fachmann Moreno und warscheinlich den Fachmann Fachmann Moreno selbst. Ein Fachmann auf 2000 Quadratkilometern. So gross, oder so dünnbesiedelt ist Südargentinien. Vielleicht ist aber auch nur die Fachmanndichte so gering?

Der Fachmann Moreno Park ist von schneebedeckten Bergen umgeben und die 4 Seen leuchten in verschiedenen Blautönen. Am zweiten Tag machen wir mit Elias eine zweistündige Wanderung. Leider fängt es gegen Abend an zu schütten. Wassereinbruch an der Heckklappe - Panik! Der Futton und die Schlafsäcke sind nass. Das Termometer sinkt auf 4 Grad. Schnell eine Plane vom Dach und über dem Heck befestigt. Die nassen Sachen werden mit einem heissen Topf trocken gebügelt. Am nächsten Morgen ist es gerade mal 10 Grad - kein Wunder, denn in direkter Nachbarschaft liegen Eisfelder so gross wie Hessen. Wir fahren weiter Richting Norden durch die unendlich wirkende Pampa.

Der Motor geht aus. Der Tank ist leer. Wir tanken aus den Ersatzkanistern nach. Gar nicht so einfach bei dem Wind. Weil wir nur ein Kanister mit Tülle haben, müssen wir immer mit einem Trichter in diesen umfüllen. Immer wieder zerstäubt der Wind den Benzinstrahl. Von 35 Litern bleiben höchstens 33 Liter übrig. Der Staub der Schotterpiste dringt durch alle Ritzen und im Bus klappert alles. Irgendwie haben wir uns an die Piste gewöhnt - vollepulle über die Schlaglöcher hinweg. Auf einer Teerstrasse wäre es kein richtiges Abenteuer gewesen. Was werden wir in Deutschland ohne Schotterpisten machen?
Kurz vor Perito Moreno Stadt geniessen wir unsere vorerst letzte Nacht in der Patagonischen Pampa. Die Spitzen vom Pampagras leuchten silbrig in der untergehenden Sonne. Der Wind rüttelt am Bus und wiegt uns in den Schlaf. Durch diesen Teil des Kontinents gefahren zu sein war schon ein tolles Gefühl. Wir werden diese weite, karge und einsame Landschaft vermissen - vorallem weil es hier keine Zäune gibt. Mit 8 Litern Benzin im Tank kommen wir nach 870 Kilometern in Perito Moreno Stadt an. Hier ist es sonnig und wir verbringen seit langem die ersten warmen Badetage am Lago Buenos Aires. Jetzt geht es weiter auf einer Schotterpiste durch Chile.

Frage: Wie hoch war der Durchschnittsverbrauch auf dieser Strecke. Unter allen richtigen Antworten verlosen wir 10 mal je eine Postkarte aus Südamerika. Einsendeschluss ist das Erscheinen von Bericht 8. Die Gewinner werden in Bericht 8 bekannt gegeben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen :-)


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