zurück... weiter...

Von Esquel nach El Bolson


In Esquel treffen wir Norbert und Mercedes wieder. Die Beiden laden uns für mitgebrachte Ersatzteile zu einem Asado ein. Gemeinsam fahren wir in den Alerce-Park. Landschaftlich wie in den Alpen - Berge mit Schnee, Wald und glasklare Seen. Es ist sonnig und heiss und wir bleiben ein paar Tage im Park. Wir gewöhnen uns an das kalte Wasser der Seen.

Zur Aufbesserung unseres Angelequipments wird die Taucherausrüstung ausgepackt. Nach kurzer Zeit haben wir mehrere zusätzliche Blinker in unserer Sammlung. Leider gehen unsere Vorräte bald zur Neige und wir müssen zum Einkaufen weiter Richtung El Bolson. Die Sonne brennt vom Himmel und wir können uns nur langsam an die Hektik in der Stadt gewöhnen. Dutzende Campingplätze, Verkehrslärm und massig Touristen. Es gibt einen Markt auf dem Naturprodukte und Kunsthandwerk aus der Region zu Kaufen sind - angeboten von Althippies und Neuaussteigern. Dinge die die Welt nicht braucht und mit deren Verkauf man sich wohl nur schwer über Wasser halten kann.

Durch Zufall erfahren wir wo Klaus und Claudia wohnen. Die Beiden sind jahrelang um die Welt gefahren, haben das Buch "Abgefahren - In 16 Jahren um die Welt geschrieben" und sich nun hier niedergelassen. Also warum nicht mal vollepulle einen Besuch abstatten? Wir werden freundlich aufgenommen und können uns auf Ihr Grundstück stellen. Ausser uns sind noch gut ein Dutzend weitere Reisende hier, die wir teilweise schon unterwegs getroffen hatten. Und Elias hat zu seiner Freude vier deutschsprachige Spielkammeraden in seinem Alter. Für den freien Stellplatz gibt man einen Teil seiner Arbeitskraft. Abends wird an einer grossen Tafel gemeinsam gegessen. Man lernt sich kennen , tauscht Erfahrungen aus oder lauscht den Geschichten von Klaus und Claudia.

Einmal organisieren die Beiden für alle Gäste ein Asado. Ein Schaf wird gekauft. Der Nachbar, ein Gaucho, zieht seine traditionelle Kleidung an. Er übernimmt das Schlachten. Das Schaf ahnt nichts. Ein kurzer Schnitt durch die Kehle, ein paar Zuckungen und nur wenig Blut. Das Lebensende des Schafes ist gleichzeitig der Anfang eines langen und schönen Grillabends. Aufgespiesst auf ein Metallkreuz wird es langsam über dem Feuer geröstet. Verdammt lecker!

Gemeinsam wird Marmelade gekocht und Apfelsaft gepresst. Baumstämme werden aus dem Wald geholt. An diesem Tag schneit es auf den Bergen um El Bolson. Tja so schnell kann es hier gehen. Gestern noch in der Sonne gelegen - heute schon im Schnee bewegen :-) Früh morgens geht es in einem alten Dodge LKW, Baujahr 1969, mitten in den Wald. Das Teil sieht aus als ob es nicht mal mehr einen Zahnstocher transportieren könnte. Durch Bäche, über Felsen und zwischen Bäumen hindurch. Manchmal wird einer gerammt und es bricht ein Teil der Ladefläche ab auf der wir stehen, um mit unserem Gewicht den Rädern mehr Bodenhaftung zu geben. Für den Waldbesitzer ein gutes Geschäft wovon er sich locker eine neue Ladefläche leisten kann. Die Bäume liegen im Wald einzeln verstreut. Es dürfen nur komplett abgestorbene Bäume gefällt werden. Einzelne Stämme, 4 bis 5 Meter lang und bis zu einem Meter Durchmesser, werden per Hand zum LKW transportiert. Geschickt werden die Stämme an Baumstümpfen gedreht und Brechstangen werden als Hebel benutzt. Wenn die Stämme am Hang ins Rollen kommen muss man schnell springen - es wird alles plattgewalzt was im Weg liegt. Kleinere Bäume dienen als Rampe über die die Stämme auf den LKW gerollt werden. Ein interessanter aber sehr anstrengender Tag - nach knapp 50 Stämmen ist Schluss.

Bei Klaus und Claudia ist es mittlerweile leer geworden, die anderen Reisenden sind weitergefahren. So tauchen wir tiefer in die Welt der Beiden ein - erfahren von Schwierigkeiten mit Behörden, Arbeitern und Nachbarn. Wir besuchen die Schule ihrer beiden Kinder und für zwei Tage hüten wir sogar ihr Haus - bekommen die Schlüssel und fühlen uns fast schon heimisch. Über Klaus und Claudia lernen wir Franz und Marie kennen. Die Beiden sind vor 23 Jahren aus Deutschland weg - es wurde ihnen zu eng, zuviele Reglementierungen. Sie haben damals 300 Hektar Grund für schlappe 100 Dollar im Jahr gepachtet. Die ersten Jahre wohnten sie in einer Hütte ohne Strom und Wasser. 280 Hektar des Grundstücks brannten ab, also wurde Brennholz verkauft. Die Pacht stieg und das Land wurde gekauft.

Mittlerweile haben sie mehrere Häuser gebaut, versorgen sich selbst, beherbergen Touristen, machen mehrere tausend Liter Apfelsaft per Hand im Jahr, besitzen einen eigenen Lastwagen und haben 5 Kinder in Argentinien grossgezogen. Vor 23 Jahren warscheinlich müde belächelt aber mittlerweile wohl deutlich besser dran als in Deutschland. Das einzige Problem der Beiden ist die schlechte Schule hier in Argentinien. Kann man das seinen Kindern antun? Dafür kann man hier sein Haus bauen wie man will, es gibt viel Platz und die Kinder lernen viele andere Dinge für das Leben.

Nach dreieinhalb Wochen in El Bolson werden die ersten Blätter an den Bäumen gelb. Wir sind im letzten Monat gerade mal 200 Kilometer gefahren - so langsam zieht es uns weiter. Der Abschied von Klaus und Claudia und El Bolson fällt uns schwer zumal wir von den Beiden für den Winter eine Hütte auf ihrem Grundstück angeboten bekommen. Mal sehen, vielleicht sehen wir uns wieder - hasta luego amigos!


zurück... weiter... © 2005 - 2099 · Frank-Ivo Schulz · www.vollepulle.net