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Von Las Flores nach Vallenar


Kurz hinter Las Flores inmitten der Steppe halten wir am argentinischen Schlagbaum. Die Grenzer sitzen gerade beim Asado und so geht das Ausreisen in fünf Minuten. Von hier aus sind es etwa 170 Kilometer durch die Anden bis zur chilenischen Grenzstation - natürlich Schotterpiste. Auf 2800 Metern Höhe machen wir Mittagspause.

Eigentlich wollten wir auf dieser Höhe übernachten - man soll sich ja langsam an die Höhe gewöhnen. Aber der Platz bietet nichts Ansprechendes. Also beschliessen wir vollepulle die Überquerung zu wagen. Auf etwa 3000 Metern Höhe müssen wir noch einmal an einem Schlagbaum halten.

Wir geben den Passierschein ab und unsere Fahrzeugnummer wird in ein Buch eingetragen. Der Schlagbaum öffnet sich und aufheulend setzt sich der Bus nur langsam in Bewegung. Die Gasannahme ist schlecht und vielleicht wäre es besser gewesen nocheinmal nach dem Luftfilter zu sehen. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Über 3000 Meter zu übernachten würde Kopfschmerz und Übelkeit bedeuten.

Hält Elias das aus, oder klappen wir schneller ab, oder der Bus? Es gibt nur eine Chance - immer konstante Drehzahl und bis oben nicht anhalten - wenden ist nicht möglich. Katrin macht Fotos aus dem fahrenden Auto, Elias tummelt sich hinten im Bett und schaut aus der Heckscheibe. Meter um Meter geht es nach oben, eine kurvenreiche Piste an einem steilen Berghang. Alles lockeres Geröll, wie kann man hier wohl eine Strasse reinbauen?

Die Ausblicke sind grandios. Die Berge leuchten in allen Farben - gelb, rot, violett, grün, braun, schwarz und dazwischen immer wieder weisser Schnee. Schade, dass wir nicht anhalten können. Ab 4000 Metern Höhe nimmt die Steigung nochmal zu, leichte Panik macht sich breit. Es geht durch Büsserschneefelder - vom Wind zackig ausgeformte Schneespitzen vor blauem Himmel. Nach zwei Stunden Fahrt können wir das erste Mal anhalten.

Wir haben es geschafft. Die Passhöhe mit 4753 Metern ist erreicht. Der Bus röchelt nur noch leise, die Motorleistung ist ein Hauch von Nichts. Wir taumeln ein bischen durch die Gegend, Elias scheint die Höhe weniger auszumachen. Es ist sehr kalt und auch schon spät. Wir müssen den Abstieg beginnen - hier oben können wir nicht übernachten. Auf gemässigter Höhe wird übernachtet. Wir mit Kopfschmerz und Schlafstörungen, Elias schläft wie ein Stein.

Am nächsten Tag passieren wir die chilenische Grenzstation. Hier wird der Bus das erste Mal gewaschen, oder zumindestens dachten wir das. Aber das was aus der Sprinkleranlage kommt sieht aus wie die Pfütze im Urinal. Hoffentlich zieht es keine Fliegen an! Die Kontrolle hier ist schnell, wir sind die Einzigen.

Die Grenzer schauen sich den Bus genau an und amüsieren sich über unsere Vase mit dem Trockenstrauss an der Windschutzscheibe. Üblicherweise muss man so etwas an der chilenischen Grenze abgeben. Statt dessen nehmen sich die Grenzer Katrins Gitarre und klimpern ein wenig. Für einen kleinen Beifall öffnet sich der Schlagbaum - wir sind in Chile.

Mach dem Bergabenteuer entspannen wir uns an der Pazifikküste zwischen La Serena und Vallenar. Der Küstennebel ist hartnäckig, aber immer wieder kommt die Sonne durch. Elias geniesst die Wellen und den weichen Sand. Und jetzt werden wir mal schauen, ob der Osterhase auch in Chile kommt.


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