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Von La Paz nach Uyuni


Um nach Uyuni zu gelangen, müssen wir uns durch ganz La Paz quälen. Eigentlich wollten wir früh los, aber bevor wir loskommen ist der halbe Tag vergangen. Verkehrschaos in der Stadt. Der Motor geht beim Anfahren sehr oft aus. Die Minibusse fahren kreuz und quer. Das kann ja heiter werden. Aus der Stadt heraus sind es etwa 40 Kilometer. Dazu sind etwa 800 Höhenmeter zu überwinden. Beim Linksabbiegen Pfiffe eines Polizisten - hier scheinbar nicht erlaubt - der Motor geht wieder aus. Panisches Orgeln mit dem Anlasser, die Staatsgewalt kommt näher, die Ampel springt auf hellrot, der Motor heult auf, der Verkehr von rechts beginnt zu rollen, die Staatsgewalt fuchtelt jetzt heftiger mit den Armen, die Trillerpfeife glüht. Wir sollen rechts heranfahren. Aber der Bulli zieht mit quietschenden Reifen vollepulle am Polizisten vorbei. Selbst auf dieser Höhe ist ein Bulli allemal schneller als ein Bullizist :-) Wir verschwinden im Verkehr. Solange man kein Polizeifahrzeug sieht, ist es hier in Bolivien immer besser die Polizei zu ignorieren, sonst fällt denen irgendetwas ein, womit sie Kasse machen. Und falls man doch ins Netz geht, kann man immer noch behaupten nichts gehört zu haben. Zahlen muss man dann sowieso!

Nach 40 Kilometern ist El Alto erreicht. Dafür stinken die Bremsen. Und das, obwohl die Bremsen in der Werkstatt gerade neu gemacht wurden und wir nur bergauf gefahren sind. An der nächsten Tanke also erstmal Wasser drauf. Zurück wollen wir nicht, dazu haben wir schon zu lange in La Paz festgesessen. Also erstmal weiterfahren, vielleicht geht es gut, wenn man nicht bremst. Am nächsten Morgen also erstmal den Wagen hochgebockt. Das Problem ist schnell erkannt - die Trottel von der Werkstatt haben die Bremsen falsch eingestellt. Am Besten man macht alles selbst. Ausserdem ist die Leerlaufdrehzahl viel zu niedrig eingestellt. Scheint eine Mechanikerehre zu sein, dem Motor so das Gemisch abzudrehen, dass er gerade nicht ausgeht. Unser Mechaniker hat sich mit 692 U/min die Trottelplakette in Plastik verdient - 850 U/min sollten es sein. Das hätte uns in La Paz viel Anlasserarbeit ersparen können.

Die nächsten 300 Kilometer rollen wir auf guter Teerstrasse dahin. Ab und an eine Schranke, an der man sein Mautticket vorzeigen muss. Gewissenhaft werden die Tickets kontrolliert und abgestempelt, bevor die Schranke aufgeht. Die Maut für die 300 Kilometer beträgt umgerechnet gerade mal einen Euro. An manchen Stationen wird noch eine mehr oder weniger freiwillige Abgabe gefordert. Klaro, ist nicht legal, aber warum soll man um einen Boliviar lange diskutieren. Die Menschen hier oben im Nichts wollen auch überleben. Die erste Nacht übernachten wir am Lago Poopo (passt namentlich zum Titicacasee :-) Der See ist im Licht der Morgendämmerung tausendfach rosa betüpfelt. Durch das Fernglas können wir die Flamingos erkennen - zum Fotografieren leider zu weit weg.

Nach den ersten 350 Kilometern endet die Teerstrasse und geht in eine Schotterpiste über. Anfangs sind wir noch guten Mutes eine tolle Teststrecke ausgesucht zu haben. Die Piste ist glatt und wir kommen schnell voran. Elias erfreut sich an den Sanddünen und wir geniessen die Ruhe ausserhalb der Stadt. Bald aber verwandelt sich die Strecke in eine übele Wellblechpiste übersäht mit Schlaglöchern. Strechenweise wird gebaut und Sandberge versperren den Weg.

Zwischendurch sind immer wieder Flüsse zu durchqueren - einer tiefer als der andere und wir hoffen, dass der neue Motor nicht durch die plötzliche Abkühlung platzt. An vielen Stellen kratzen wir mit dem Bodenblech auf der Pistenoberfläche entlang. Der rechte Anschlagdämpfer an der Vorderachse geht verloren. Bei tiefen Schlaglöchern knallt die Vorderachse jetzt erst richtig - wie wenn mit einem Vorschlaghammer gegen die Achse geschlagen wird.

Nach etwa 200 Kilometern erreichen wir den grossen Salzsee. Die Auffahrt auf den Salzsee, etwa 30 Kilometer nördlich von Uyuni, ist gut ausgebaut. Trotzdem begegnen uns immer wieder Geländewagen, deren Insassen sich mit entgleist geöffneten Mündern nach dem Bulli umblicken. Vielleicht liegt dies aber auch am Sauerstoffmangel in dieser Höhe :-)

Der Salzsee ist etwa 160 Kilometer lang und 120 Kilometer breit. Wir fahren einfach mal 40 Kilometer schnurgeradeaus, stellen den Motor ab und bereiten uns für die Nacht vor. Das Salz bildet witzige Strukturen, schmeckt salzig und ist hart wie Stein. Trotzdem brechen immer wieder Fahrzeuge ein und das bereitet beim Drüberfahren ein etwas mulmiges Gefühl im Bauch. Elias steigt auf sein Rad und radelt los, bis er nurnoch ein Punkt am Horizont ist - auch er ist sichtlich begeistert.

Die Stille auf dem See ist beeindruckend. Ausser uns gibt es hier momentan im Umkreis von mindestens 50 Kilometern nichts. Nicht mal Insekten. Wenn Ameisen pupsen könnten, hier würde man es sicher hören. Ab und an spiegelt sich ein Sonnenstrahl in der Windschutzscheibe eines vorbeifahrenden Autos - sonst nur weiss und blau.

Der fast volle Mond geht über den Bergen auf, während die untergehende Sonne alles langsam rosa einfärbt. So schnell wie die Sonne untergeht, fallen die Temperaturen. Das weisse Salz heizt sich tagsüber praktisch nicht auf. Wind kommt auf. Es wir kalt. Das Zähneputzen geht wie mit einer automatischen Zahnbürste, weil man so zittert. Als wir um halb zehn in die Schlafsäcke kriechen, ist es draussen bereits minus 5 Grad.

Die Nacht ist brutal kalt. Einmal blitzt kurz der Wunsch nach einer funktionierenden Heizung auf, dann ist auch dieser Gedanke kalt. Bei minus 14 Grad frieren selbst die Träume ein. Das Kühlschrankinnere ist der wärmste Platz im Bus. Leider viel zu klein, um darin zu schlafen. Als wir aufwachen ist unser gesamter Wasservorrat eingefroren. Trotz Sonne ist es draussen immer noch minus 7 Grad. Langsam tauen das Kaffeewasser und wir auf.

Nach dem Frühstück und geraumer Auftauzeit fahren wir los. Der Motor springt seit der Reparatur auch in dieser Höhe trotz der Kälte sehr gut an - immerhin was. Freischnautze halten wir auf einen Berg in der Ferne zu. Elias darf lenken und es macht ihm sichtlich Spass den vereinzelten Spuren im Salz zu folgen. Mit 90 brettern wir über das Salz, der Berg rückt nur unmerklich näher. Es ist als ob das Bild steht und sich nur der Ton verändert. Nach über einer Stunde erreichen wir die Auffahrt auf die Ruta Intersalar - ganz per Zufall und ohne GPS.


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