Von Cusco aus geht es zunächst ein Stück durch das heilige Tal der Inkas. Wir besichtigen Wasserheiligtümer und andere Tempelanlagen. Es gibt übrigens für umgerechnet etwa 18 Euro ein 10 Tage gültiges Eintrittsticket für alle wichtigen Museen und Ruinen. Viele Ruinen sind sich jedoch sehr ähnlich, es ist die Frage, ob man sich alle anschauen muss. Immer wieder sieht man terrassierte Anlagen auf denen ein paar Mauerreste stehen. Exakt behauene Steine und oftmals ein Punkt an dem die Sonne angebunden werden kann. So heisst es jedenfalls. Leider gibt es in den Tempelanlagen keine weiteren Erklärungen - vielleicht weiss man zu wenig darüber.
Wir übernachten auf der Passhöhe in Tres Cruces auf etwa 4000 Meter Höhe. Mitten in den Wolken, es ist feucht und kalt. Am nächsten Morgen klingelt der Wecker um 5:30 - wir wollen uns den Sonnenaufgang über dem Urwald anschauen. Hier an der Ostseite der Anden fallen die Berge fast 3500 Meter steil ab. Über eine Stunde passiert nichts. Kein Wunder, denn Elias hat den Wecker um eine Stunde vorgestellt. Als der Wecker klingelt war es erst 4:30. Eine Stunde Zeit, um zu überlegen wo wir den Wecker besser vor Elias verstecken können. Der Sonnenaufgang ist dafür eine echte Sehenswürdigkeit. Die Sonne geht nicht, wie erwartet, ganz am Rand des Horizontes auf, sondern taucht plötzlich, ganz klein, mitten aus der Wolkendecke auf. Da kann man verstehen, dass die Inkas auf die Idee kamen, die Sonne anbinden zu wollen.
Um 6:30 sind wir komplett durchgefroren. Raureif auf den Gräsern hat die in Sandalen gekleideten Füsse erstarren lassen. Zum Aufwärmen gibt es Kaffee und Pfannkuchen, die auf über 2000 Metern Höhe immer etwas matschig werden. Dann beginnt die Abfahrt. Eine üble Schotterpiste schlängelt sich in den Dschungel hinein. Es geht von 4000 auf etwa 400 Meter. Alle 300 Höhenmeter steigt das Termometer um etwa 2 Grad. Schon auf der Hälfte der Strecke ist es unerträglich schwülheiss.
Es geht nur sehr langsam voran. Für die ersten knapp 100 Kilometer brauchen wir 7 Stunden. Eine echte Schinderei. Immer wieder Wasserfälle und kleine Flussdurchfahrten. In der Regenzeit werden oft Teile der Strasse weggespühlt. Aber es gibt jede Menge interessante Pflanzen zu sehen. Echsen huschen über die Strasse, bunte Vögel tauchen im Grün auf, Schmetterlinge trinken an Pfützen, Moskitos grinsen uns durch die Scheiben an.
Die Menschen hier wohnen in einfachen Bretterhütten. Als Fenster sind rechteckige Löcher in die Wände geschnitten. Grosse Ritzen zwischen den Brettern ermöglichen die Luftzirkulation. Ungeziefer kommt sowieso herein. Durch den vielen Regen vermodern die Bretter schnell. Obst und Gemüse verschimmelt zwei Tage nach der Ernte. Auch in den Läden gibt es oft nur schimmelige Ware zu kaufen. Selbst das Brot schmeckt irgendwie schimmelig.
Wir sehen Kaffee- und Kakaobäume, Bananen-, Grapefruit- und Ananasgewächse. Wenn da nicht die ganzen Moskitos und Sandfliegen wären, es wäre das Paradies. Grosse Rinder mit riesigen Fleichbergen auf den Schultern fressen im Dickicht. Sie sehen aus wie eine Kreuzung zwischen Kamel und Kuh. Offensichtlich ist die Gentechnik hier schon viel weiter als wir dachten.
Auch die Bohnen sind hier viel grösser, was nach dem Essen eine enorme Gasentwicklung zur Folge hat. Vielleicht ist das ja die Energie der Zukunft. Gerade für Wohnmobilisten eine tolle Idee. Man hat zu Essen und kommt voran. Wir denken über eine Anmeldung des Projektes beim alternativen Nobelpreis nach :-)
Ab Pilcupata existieren keine Brücken mehr. Sie werden zu oft von den Wassermassen zerstört. Der Urwald erobert sich die Überreste schnell zurück. Wir fahren zusammen mit zwei anderen deutschen Paaren. Harald und Petra mit einem Toyota und Klaus und Dorothea mit einem 911er Rundhauber. Somit kann uns bei den Wasserdurchfahrten nichts passieren - ein ideales Geländefahrtraining. Wir haben die geringste Bodenfreiheit und krachen immer wieder auf. Das vordere Bodenblech ist schon ganz zerdellert.
Es gibt tatsächlich eine Wasserdurchfahrt und ein grosses Schlammloch, wo wir mit dem Bus steckenbleiben. Selbst der Toyota-Geländewagen hat keine Chance uns herauszuziehen. Aber der Rundhauber von Klaus zieht uns locker im Standgas heraus - sind ja auch 8 Tonnen Material. Die Strecke ist toll, aber sehr anstrengend zu fahren. In Shintuya - unserem eigentlichen Ziel - ist es vermüllt und es gibt keinen guten Standplatz. Wir drehen um.
Nach 240 Kilometern ruckelt der Motor plötzlich. Der Tank ist leer. 56 Liter auf 240 Kilometer verbraucht! Wir fahren doch nur einen VW-Bus und keinen Panzer. Die Augen werden feucht, die Kinnladen fallen. Wir haben noch 30 Liter Benzin in Ersatzkannistern, das kann ja heiter werden. Wir übernachten auf einer Kiesbank in einem Flussbett. Am nächsten Tag regnet es, ein wenig Abkühlung. Die anderen 4 wollen abfahren. Der Regen vertreibt sie aus dem Regenwald. Aber nach dieser anstrengenden Fahrt und dem was wir bisher gesehen haben, entscheiden wir uns zu bleiben, obwohl wir nicht sicher sind, ob wir aus eigener Kraft wieder zurückkommen. Wir sehen ihre Rücklichter im dichten Grün verschwinden.
Wir sind alleine. Die Dämmerung bricht herein - ein etwas mulmiges Gefühl. Dummerweise haben wir keine Glasperlen dabei und auch das Feuerwasser wird knapp. Durch den Regen steigt der Fluss. Aus einem nahen Dorf hören wir Schreie und wildes Trommeln. Wir stellen uns in Baströcke gekleidete Eingeborene mit Knochen in den Haaren vor, die um riesige Kochtöpfe tanzen und sich auf Touristenfleisch freuen - so etwas soll es ja geben. Mit dem letzten Tropfen Feuerwasser schlafen wir ein...